Montag, 28. Juli 2014

Stellungnahme zur "Demo gegen moderne Sklaverei" am 26.7.2014

Mit Freude und großer Aktionsbereitschaft nahmen wir diese als Demo angekündigte Veranstaltung an, die sich mit den Geschehnissen rund um Gastarbeiterinnen und Gastarbeitern in Stöckse und deren unmenschlichen Unterbringung beschäftigen wollte. Diese Geschehnisse mussten aufgegriffen und verarbeitet werden und vorallem öffentlich gemacht werden.

Einen Dämpfer bekam dieser Enthusiasmus durch die Tatsache, dass ein Polizist, der bereits vorher durch unangebrachtes Verhalten gegenüber Aktivistinnen und Aktivisten auffiel, diese Demo anmeldete. Diese Veranstaltung jedoch entpuppte sich dann eher als eine Aktion bei der man sich in eine Seitengasse stellt und Schilder hochhält. Mehr geschah bei der ganzen Geschichte nicht. Keine Kundgebung, kein Marsch zumindest über die Lange Straße. Es wird klar, abgesehen von den Zeitungen die mit Freude unsere Transparente ablichteten, war die Effizienz dieser Aktion wohl doch als gering einzustufen. Weiterhin wurde sehr schnell klar, dass die TeilnehmerInnen dieser Kundgebung nur einen Arbeitgeber kritisierten und eben nicht das Ausbeutungssystem, das diese und ähnliche Verhältnisse begünstigt wenn nicht sogar befördert.

Ein Zusammenhang zwischen Ausbeutung und kapitalistischen Produktionsverhältnissen wurde nicht gesehen, ferner noch machten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer dieser "Mahnwache" über den Satz "Kampf dem Kapital" auf unserem Transparent lustig.

Doch für uns bleibt klar die Beendigung ausbeuterischer Verhältnisse gelingt nur durch die Überwindung des Systems.

Für grenzenlose Solidarität - Kampf dem Kapital!

Hier nochmal ein Text eines alternativen Flyers, der von uns verfasst wurde:
"Gegen modernen Sklavenhandel
Vor gut zwei Wochen wurden in einer alten Dorfgaststätte in Stöckse (Landkreis Nienburg/Weser) 32 ukrainische Studenten_innen, die als Erntehelfer_innen für einen laatzener Landwirt arbeiten sollten, untergebracht. Die Zustände, die die weit gereisten Ukrainer_innen dort auffanden waren katastrophal: Im gesamten Gebäude gab es nur eine funktionsfähige Dusche und zwei Toiletten. Zudem konnte die Badezimmertür nicht verschlossen werden. Auch in der Küche und den Schlafräumen gab es große Missstände. So funktionierten nur zwei Herdplatten und aus Mangel an Bettdecken war ein Ukrainer gezwungen sich mit seiner Kleidung zuzudecken. Da die nächste Einkaufsmöglichkeit im Nachbardorf rund 5 Kilometer entfernt ist, und der Landwirt ihnen keine Fahrräder zur Verfügung stellte, waren die Studenten_innen gezwungen die 5 Kilometer zu Fuß zurückzulegen. Vor ihrer Ankunft in Stöckse wurden ihnen von einer Ferienjobagentur aus Frankfurt/Oder und dem Landwirt aus Laatzen 1000€ pro Monat, für ihre Arbeit auf der Heidelbeerplantage des Landwirts, versprochen. Von diesem Geld haben die Studenten_innen nach eigenen Angaben noch keinen Cent gesehen. Vielmehr mussten sie für die alte, renovierungsbedürftige Gaststätte, die ihnen als Unterkunft diente, 120€ Miete bezahlen. Eine menschenverachtende Tatsache! Aufgrund der schlechten Wohn- und Arbeitsverhältnisse, gingen einige Studenten_innen durch das Dorf und fragten bei einigen Haushalten nach Arbeit. Durch Misstrauen und Vorurteile wurden die ukrainischen Gäste jedoch in den sozialen Netzwerken als Verbrecher und Kriminelle verdächtigt. Ein neues, trauriges Beispiel von Rassismus im Alltag.

Nachdem die Ukrainer_innen von der Agentur für Arbeit an andere Arbeitgeber vermittelt wurden und die alte Gaststätte verlassen konnten, plant der Landwirt in Zukunft Rumänen_innen als Erntehelfer einzusetzen und schon in wenigen Tagen an gleicher Stelle unterzubringen. Nachdem Behörden und Bevölkerung die Zustände in Stöckse mit eigenen Augen feststellen konnten, ist die neue Planung des Landwirts nicht tragbar und unbedingt zu verhindern. Selbst wenn die gestellten Bedingungen und Auflagen eingehalten werden können, ist eine Unterbringung von Arbeitskräften in dem betroffenen Gebäude nicht zu akzeptieren. Ausländische Saisonarbeiter dürfen in Zukunft nicht mehr wie Vieh behandelt werden und von ihren deutschen Arbeitgebern rassistischen Anfeindungen, wie es auch in Stöckse der Fall war, ausgesetzt sein. Vielmehr sollte die Bevölkerung sich solidarisch zeigen und auf den Kauf bei rassistischen und betrügerischen Landwirten verzichten!