Montag, 28. September 2015

Gezielte Übergriffe durch Neonazis auf dem Altstadtfest

Am 26.09.2015 kam es im Zuge des alljährlichen Altstadtfestes im Bereich der Nienburger Innenstadt zu gezielten Übergriffen von Neonazis auf anwesende linke Aktivist_innen.
Um ca. 18 Uhr wurden die AktivistInnen von zwei stadtbekannten Neonazis in der Langen Straße beobachtet und verfolgt. Die AktivistInnen bogen in eine Seitenstraße ab, die Nazis folgten, waren plötzlich zu fünft und rannten los. Sie erreichten die AktivistInnen und versuchten sie anzugreifen, was jedoch verhindert werden konnte. Die Gruppe jagte die AktivistInnen im Folgenden über den Weserwall. Sie konnten knapp auf ein naheliegendes Rockfestival flüchten. Dieses betraten die Nazis nicht, hielten sich aber in den kommenden Stunden immer wieder in der Nähe davon auf und beobachteten die AktivistInnen weiterhin aus der Ferne. Die VeranstalterInnen des Rockfestivals wurden informiert und verständigten daraufhin aus Sicherheitsgründen die Polizei, welche sich für ca. 10 Minuten in geringer Besetzung am hinteren Ende des Geländes aufhielt und dann wieder abzog. Es ist davon auszugehen, dass dieser erste Angriff geplant und koordiniert war. Durch Dritte haben die AktivistInnen erfahren, dass sie schon bevor sie die Nazis erblickten, verfolgt wurden. Außerdem kam der Übergriff von zwei verschiedenen Seiten.

Bei einer zweiten Begegnung um ca. 21 Uhr waren einige Neonazis in Kleingruppen im Umfeld des Festivals unterwegs und warteten auf eine Möglichkeit für einen zweiten Angriff. Es kommt ein weiteres Mal zu Auseinandersetzungen, als AktivistInnen das Festival verließen. C.Siedler (anders gekleidet, eher „zivil“) beobachtete wieder einige AktivistInnen und koordinierte so vermutlich die anderen Nazikleingruppen. Siedler flüchtet während der Auseinandersetzungen in Richtung Schloßplatz. 8 – 10 weitere Neonazis und SympathisantInnen stürmten daraufhin in Zweiergruppen von der Weserbrücke in Richtung Siedler. In der Weserstraße Ecke Schloßplatz kommt es zu tumultartigen Szenen mehrerer höchst aggressiver Neonazis inkl. diverser Beleidigungen gegenüber AktivistInnen und Außenstehenden. Außerdem versuchten sie wieder, AktivistInnen anzugreifen, was jedoch durch antifaschistischen Selbstschutz verhindert werden konnte. Die herbeieilende Polizei trennte dann beide Lager, setzte aber nur die Linken fest. Die Neonazis durften sich weiterhin frei in der Stadt bewegen und ihre Personalien wurden nicht festgestellt.
Die Polizei hat unseres Erachtens den ersten Angriff der Neonazis nicht ernst genommen und dadurch die Lage in späterer Stunde eskalieren lassen. Auch die Tatsache, dass am Ende Linke für die Eskalation verantwortlich gemacht wurden, ist nicht haltbar. Wir kritisieren dieses Verhalten der Polizei aufs Schärfste. Die Neonazis konnten sich nach beiden Angriffen und zu noch späterer Stunde schnell wieder sammeln und in einer Großgruppe durch die Stadt ziehen. Die Polizei hat dies nicht unterbunden, obwohl weite Teile dieser Gruppe im Vorhinein an koordinierten Übergriffen auf AktivistInnen beteiligt waren.

Diese Vorfälle reihen sich in eine nicht enden wollende Kette von rechten Einschüchterungsversuchen und Übergriffen in Nienburg ein. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern! Kommt alle am 31.10. zur antifaschistischen Demonstration in Nienburg (Weser) – jetzt erst recht!

Mittwoch, 23. September 2015

Vortrag über Rechtsextremismus im Stadion mit Ronny Blaschke im Jugendhaus Nienburg



Am 28.09.2015 findet im Rahmen der Ausstellung „Tatort Stadion 2“ eine Veranstaltung mit Ronny Blaschke um 18 Uhr im Jugendhaus Nienburg statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Jugendgruppe „Against Racism Nienburg“.
Selbst jene, die sich nicht für Fußball interessieren und noch nie ein Stadion besucht haben wurde im letzten Jahr durch die HoGeSa-Bewegung deutlich: Es gibt ein massives Problem mit Diskriminierung und Neonazis in der Fußballfan-Szene. Doch was in den großen Demonstrationen öffentlich sichtbar wurde, gärt schon jahrelang in deutschen Stadien. 
  
Ronny Blaschke ist freier Autor, Moderator und Referent. Seit mehreren Jahren beschäftigt er sich mit unterschiedlichen Diskriminierungsformen und Neonazismus im Fußball und liefert eindringliche Beispiele: In Leipzig unterwandern Neonazis die Fanszene, in Lüdenscheid amtiert ein NPD-Funktionär als Schiedsrichter, in Wetzlar als Jugendtrainer. Neonazis gründen Sportvereine, um Jugendliche an ihre Kameradschaften heranzuführen; sie nutzen Fußballturniere zur Vernetzung und zur Stärkung der Gruppenidentität. Musik, Kleidermarken, Internet sind den Rechtsextremen Meiden, über die sie ihre Gesinnung wirksam in den Fanszenen präsentieren und verbreiten. Mit seinem sorgsam recherchierten und spannend verfassten Buch, „Angriff von Rechtsaußen – Wie Neonazis und Hooligans den Fußball missbrauchen“, liefert er eine längst fällige Bestandaufnahme – und ein Plädoyer für eine politische Diskussionskultur im Sport.

Die Ausstellung „Tatort Stadion 2“ ist noch bis zum 02.10.2015 im Nienburger Rathaus zu sehen. Organisiert wurde die Ausstellung vom ASC Nienburg und dem Jugendprojekt PerspektivWechsel des Weser-Aller-Bündnisses (WABE).
2001 wurde die Ausstellung vom Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF) entwickelt und seitdem an fast zweihundert Orten gezeigt. Die Ausstellung leistete Pionierarbeit, indem sie Diskriminierung beim Fußball thematisierte.
Seitdem hat sich viel getan. Diskriminierung wird von vielen Vereinen und Fans mittlerweile als Problem wahrgenommen und angegangen. Dennoch werden in deutschen Stadien nach wie vor allwöchentlich AusländerInnen beschimpft, antisemitische und antiziganistische Gesänge angestimmt oder Homosexuelle verunglimpft. Frauen haben es im Männersport Fußball weiterhin schwer, akzeptiert zu werden.
„Tatort Stadion 2“ berichtet sowohl über alltägliche Diskriminierung und Aktivitäten von Neonazis als auch darüber, was Fans dagegen tun.