Mittwoch, 15. März 2017

Pressemitteilung: Vortrag "RechtsRock - Begleitmusik zu Mord und Totschlag" von Jan Raabe in Nienburg



Am 13.03.2017 fand am Abend eine von der Jugendgruppe Against Racism Nienburg organisierte Veranstaltung mit dem Thema „RechtsRock – Begleitmusik zu Mord und Totschlag“ im CJD Nienburg statt. Der Referent Jan Raabe informierte die etwa 20 Teilnehmer*innen dabei noch einmal speziell über rechten Rap mit Hilfe von Soundbeispielen und Liedtexten. 
  

RechtsRock - was ist das eigentlich? Und was hat das mit Nienburg zu tun?


Im Landkreis Nienburg wohnt seit Jahren der ehemalige westfälische Sektionsleiter des seit 2000 verbotenen, rechtsextremen Netzwerks „Blood & Honour“ (englisch für „Blut und Ehre“), Dirk F. Das weltweite Netzwerk hatte es sich u. a. zur Aufgabe gemacht hat, neonazistische Bands zu koordinieren und die nationalsozialistische Ideologie zu verbreiten. Vor einigen Jahren hatte Dirk F. versucht ein Neonazi-Konzert in Leese zu veranstalten.
Auch die derzeitige Neonaziszene in Nienburg ist auf RechtsRock-Konzerten anzutreffen, wie beispielsweise beim „Eichsfeldtag“ 2016, einem Rechtsrock-Open Air, das die NPD einmal im Jahr veranstaltet. Gefallen finden die lokalen Neonazis auch an rechtem Rap. Hier finden sich Sympathien zu „Makss Damage“ oder „Mic Revolt“.
Zudem sind Mitarbeiter*innen des Maßregelvollzugs im Landkreis nach eigenen Aussagen oft mit rechter Musik konfrontiert. 

©ENDSTATION RECHTS. (Symbolbild/RechtsRock-Open-Air 
am 09.08.2014 im thüringischen Sondershausen)
Der Begriff „RechtsRock“ bezieht sich nicht auf ein, wie auf den ersten Blick vielleicht gedachtes, Genre, sondern auf alle Musikstile die neonazistische Inhalte verbreiten. Pro Jahr erscheinen momentan etwa 100 professionell produzierte Tonträger deutscher Neonazi-Bands.
Seinen Anfang hat der RechtsRock in den 80er Jahren in England. Dort trafen rassistische und neonazistische Inhalte auf junge Leute, die Punk-Musik machten. Diese Inhalte wurden über Musik mittels entsprechender Texte umgesetzt. Äußerlich waren Beteiligte oft mit der Skinhead-Szene verbunden, die ein Schläger-Image hatten. Dies bot später für Jugendliche keine wirkliche Attraktivität mehr. Im Laufe der Zeit begeisterten sich aber auch Personen aus der Black-Metal-Szene für neonazistische Inhalte, legten den Stil der eigenen Szene aber nicht ab, sondern integrierten rechte Inhalte und Symbole in diesen. 

Nach dem Mauerfall 1989 fielen auch Hemmungen in der RechtsRock-Szene. Das Gefühl alles zu dürfen und sagen zu können wird in dem 1990 veröffentlichten Lied „Hakenkreuz“ der Band „Radikahl“ deutlich. Im Lied wird sich offen zu Adolf Hitler bekannt und gefordert „Hängt dem Adolf Hitler den Nobelpreis um!“. Die Konzertorte zu dieser Zeit lagen überwiegend in den neuen Bundesländern. Die durch die Wiedervereinigung entstandene Verunsicherung der Polizei über die rechtliche Lage schuf hier einen fast rechtsfreien Raum. So fanden viele rechte Konzerte ebenda statt. Wenig später fanden allerdings schon die ersten Hausdurchsuchungen und Gerichtsverfahren gegen RechtsRock-Bands statt.
Im Zuge dieser Entwicklung lassen Bands ihre Liedtexte durch Anwält*innen prüfen, sodass diese knapp unter die Grenze zur Volksverhetzung fallen. So können sie ihre CDs legal verkaufen und Geld verdienen. Die „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien“ hat allerdings noch die Möglichkeit die Texte als jugendgefährdend einzustufen. 

Ab 2000 wurde der Nazi-Hardcore in der deutschen Szene populär. Hardcore kommt ursprünglich aus einer linken, sozialkritischen Bewegung. Neonazis waren aber nicht nur vom Genre, sondern auch von der Inszenierung fasziniert. So wurde eine neue Ästhetik gefunden, die an die moderne Jugendkultur anknüpfte. Als Nazi war es nun auch in Ordnung Kapuzenpullis zu tragen und sich zu piercen. Das stieß natürlich nicht von Anfang an auf Sympathien bei der gesamten rechtsextremen Szene, allerdings wurde das große Mobilisierungspotenzial über den neuen Stil gesehen.
Rechte Musik gab es natürlich schon davor, sie bot aber kaum Anknüpfungspunkte für eine moderne Jugendkultur. RechtsRock war also kein Ergebnis einer rechten Strategie, auch wenn dieser strategisch genutzt werden kann und wird um junge Leute anzusprechen. Beispielsweise nutzt die NPD RechtsRock auf Schulhof-CDs, die kostenlos an Schüler*innen verteilt werden, klar als Strategie um neue Mitglieder anzusprechen. Gerade für junge Menschen in der rechten Szene ist Musik ein wichtiger Teil der Identität und Identifizierung.

Zurzeit bieten rassistische Proteste Musiker*innen aus dem RechtsRockbereich Anknüpfungspunkte zwischen Neonazis und „Wutbürger*innen“. Bands wie „Kategorie C“ aus Bremen schlagen Brücken von der rechten zur Hooligan-Szene. 


Neonazis und Rap?

Rechten Rap gibt es als Phänomen erst seit ein paar Jahren. 2003 brachte die Band „Dissau Crime“ eines der ersten rechten Rap-Alben heraus. Rap und HipHop sind ursprünglich migrantisch geprägt und kommen aus der afroamerikanischen Kultur. Darum trifft Nazi-Rap auch in großen Teilen der rechten Szene auf Ablehnung. Allerdings wird erkannt, dass Rap bei Jugendlichen beliebt ist und als Mittel genutzt werden kann, ein junges Publikum mit rechten Inhalten anzusprechen. So versuchten sich mehrfach rechte Musiker, die sonst in der Hardcore oder Rock-Szene unterwegs waren, auch am Rap, auch wenn sie mit der Musikrichtung selbst nicht sympathisierten. Dadurch waren diese Songs technisch allerdings oft weniger gut. 

Ende 2016 fand sich in der Hitliste der RechtsRock-Alben des rechtsextremen Medienportals „fsn.tv“, die mittels Abstimmung der Leser*innen erstellt wird, auf dem 2.Platz ein Album des Rappers „Makss Damage“. 
Wie kommt ein Nazi-Rap-Album also auf eine so hohe Platzierung, obwohl das Genre in der eigenen Szene auf geringe Sympathie stößt?

Makss Damage hat in Bezug auf rechten Rap eine besondere Rolle. Der ehemalige Stalinist machte vorher in der linken Szene auf sich aufmerksam. Schon damals waren seine Texte sexistisch und antisemitisch geprägt bevor er sich dann dem Rechtsextremismus zuwandte. Technisch sind seine Songs gut gemacht, damit er aber in der rechten Szene ernstgenommen wird, musste er härtere und deutlichere Liedtexte schreiben. Im Gegensatz dazu kann meist gesagt werden, dass, je schlechter die Band ist, desto „krasser“ die Songtexte sein müssen, um bekannt zu werden. Umgekehrt müssen technisch gute Bands eher weniger auf deutliche Aussagen abzielen um eine breite Masse anzusprechen. 

Nach Raabes Einschätzungen wird Rap nicht das Sprachmittel der Rechtsextremen werden, in den nächsten Jahren ist ein Anstieg der Platten mit rechtem Rap aber wahrscheinlich. Versuche den Modestil des Rap in der rechten Szene zu etablieren sind gescheitert. Rap wird aber als Mittel angesehen, neue jugendliche Zielgruppen anzusprechen und ist bei jungen Neonazis, wie bei den sogenannten „Autonomen Nationalisten“, die in Auftreten und Aktionsformen bewusst die linke autonome Bewegung kopieren, durchaus beliebt.
Während des Vortrags gab es einen kurzen Störversuch durch lokale Neonazis.

Die Veranstaltung wurde durch den Jugendaktionsfonds im Rahmen des Bundesprogramms „DEMOKRATIE LEBEN!“ gefördert.





Montag, 13. März 2017

HEUTE ABEND: Vortrag "RechtsRock - Begleitmusik zu Mord und Totschlag" von Jan Raabe


Heute beginnen die Internationalen Woche gegen Rassimus. In Nienburg starten diese mit einem Vortrag von Jan Raabe zu "RechtsRock - Begleitmusik zu Mord und Totschlag" um 18 Uhr im Forum des CJD Nienburgs. Organisiert wurde diese Veranstaltung von Against Racism Nienburg.  


Musik stellt einen wichtigen Bestandteil des Lebens vieler Jugendlicher dar, auch von neonazistischen Jugendlichen. Dies findet Ausdruck in rassistischen und antisemitischen Songtexten. Dabei hat der Sound längst die Skinheadszene verlassen: Neonazis spielen Hardcore, rappen oder covern bekannte Popsongs. Rund um den RechtsRock hat sich eine eigene Jugendkultur mit eigenen Medien, Treffpunkten, Events und Symbolen herausgebildet.
Längst haben neonazistische Parteien wie Die Rechte, der III. Weg oder die NPD erkannt, dass Jugendliche mittels Musik angesprochen werden können und organisieren Konzerte. Längst existieren mit Bands wie Frei.Wild Übergänge der extremen Rechten in die Mitte der Jugendkultur.
Der Referent Jan Raabe, Mitverfasser des Standardwerks „RechtsRock“, wird mittels Sound- und Filmbeispielen einen Einblick in die Musik, die Lebenswelt und die Symbolik der extrem rechten Jugendkulturen geben und noch einmal genauer auf den eher widersprüchlich erscheinenden rechten HipHop und Rap eingehen.

Da das Forum des CJD's nicht so leicht zu finden ist, ist ein kleiner Plan im Anhang.